Sprache

Im Jahr 1450 entwickelt Johannes Gutenberg (1400–1468) den Buchdruck mit beweglichen Lettern – und setzt damit eine Revolution in Gang. Sie steht für eine Entwicklung weg von der mündlich vorgetragenen Dichtung des Mittelalters, hin zur schriftlichen Literatur der Neuzeit. Mit den neuen Verbreitungswegen Schöner Literatur ändern sich auch Publikum und Themen. Ritter- und Pilgergeschichten stehen neben allerlei eher volkstümlichen Narren- und Schwankbüchern. Das 15. und das 16. Jahrhundert bilden hier eine interessante Übergangszeit.

Wolfram von Eschenbach:­ Willehalm (Ende 14. Jh.)

Das Versepos Wolframs von Eschenbach (um 1170–1220) gehört zu den beliebtesten Erzählungen des Mittelalters. Es schildert die Liebe zwischen Willehalm, einem Christen, und der muslimischen Königin Arabel. Als Arabel ihre Familie verlässt und sich als Gyburg zur Christin tauft, löst sie einen Krieg zwischen Muslimen und Christen aus. Das Liebespaar versucht zu vermitteln und plädiert für die prinzipielle Gleichwertigkeit christlichen und muslimischen Lebens. Zur Zeit der Kreuzzüge ist dies keine Selbstverständlichkeit.

Das hier gezeigte Fragment stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die kostbare Handschrift wurde in der Frühen Neuzeit offenbar zerschnitten und als Bucheinband recycelt.

Wolfram von Eschenbach: Willehalm. Fragment einer Pergamenthandschrift, [Ende 14. Jh.]. AFSt/H P 3

hoert eins tumben wîbes rât,
schônt der gotes hantgetât.
ein heiden was der êrste man
den got machen began.

Wolfram von EschenbachWillehalm, Bl. 306, V. 25–28

Guillaume de Déguileville:­ dat boeck vandem pelgrim (1498)

Der seltene Druck aus dem Ende des 15. Jahrhunderts gehört zu den sogenannten »Wiegendrucken« oder »Inkunabeln«. So nennen Bibliothekar:innen Bücher aus der Frühzeit des Buchdrucks. Optisch orientierten sich diese »Inkunabeln« noch an mittelalterlichen Handschriften.

Das Pilgerbuch erzählt von der Reise eines Dichters zum himmlischen Jerusalem. Auf seinem Lebensweg muss er unzählige Prüfungen bestehen. Diese Anfeindungen und Herausforderungen sind in 62 Holzschnitten bildlich dargestellt.

Das vorliegende Exemplar ist eine niederländische Übersetzung der ursprünglich französischsprachigen Erzählung von Guillaume de Déguileville (1295–nach 1358). Aus der Auflage von 1498 gibt es weltweit nur noch vier erhaltene Exemplare.

Guillaume de Déguileville: Dit is dat boeck vanden pelgrim welck boeck nuttich ende profitelick is allen kersten menschen te leren den wech welcken wech men sculdich is te ghaen of te laten, die haer pelgrimagie doen moeten in deser warelt tot de ewighe leven. Delft 1498. BFSt: 44 E 12 [1]
 

Maximilian I.: Teuerdank (1519)

Der römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. (1459–1519) ging als »letzter Ritter« in die Geschichtsbücher ein. Teil dieser Inszenierung ist auch ein umfangreicher Roman, den Maximilian I. an seinem Lebensende in Auftrag gab.

Im Teuerdank erlebt ein edler Ritter auf dem Weg zu seiner Geliebten vielfältige Abenteuer: Raubüberfälle und Steinschläge, Kämpfe gegen wilde Tiere und stürmische Seefahrten. All diese Abenteuer meistert Teuerdank mit Bravour.

Besonders ist auch die Gestaltung des Buches: 118 Holzschnitte zieren den großformatigen Band. Die gedruckten Letter wurden aufwendig per Hand verziert. Dies macht jedes Exemplar zu einem Unikat, auch die hier gezeigte zweite Auflage von 1519.

Maximilian I.: Die geuerlicheiten vnd eins teils der geschichten des loblichen streitbaren vnd hochberumbten helds vnd Ritters Tewrdannckhs. Augsburg 1519. BFSt: 158 B 2

Johann Geiler von Kaysersberg, Sebastian Brant: Das Narrenschiff (1574)

Sebastian Brants (1458–1521) Narrenschiff erschien erstmals 1494. Es ist das meistgelesene Buch vor der Lutherbibel.

In 114 Kapiteln listet das Narrenschiff hundert verschiedene Arten auf, sich im Alltag närrisch zu verhalten. 110 Holzschnitte veranschaulichen die Beispiele auf humoristische Art. Das Buch sollte zeitgenössische Leser:innen dazu anregen, das eigene Verhalten zu überdenken.

Zu den Versen des Narrenschiffs verfasste der Theologe Johann Geiler von Kaysersberg (1445–1510) etliche Predigten. Die gezeigte Ausgabe vereint damit den originalen Text von Brant und dessen Auslegung.

Johannes Geiler von Kaysersberg, Sebastian Brant: Welt Spiegel/ oder Narren Schiff/ darin[n] aller Ständt schandt vnd laster/ vppiges leben/ grobe Narrechte sitten/ vnd der Weltlauff/ gleich als in einem Spiegel gesehen vnd gestrafft werden. Alles auff Sebastian Brands Reimen gerichtet […]. Basel 1574. BFSt: 157 H 22

Den vortantz muß ich heben an/
Denn ich unnütz viel Bücher han/
Die ich nicht liß/ auch nicht verstahn/

Sebastian BrantDas Narrenschiff, S. 1

Philips van Marnix, Johann Fischart: Binenkorb (1579)

Philips van Marnix, Johann Fischart: Binenkorb Des Heyl. Römischen Jmenschwarms/ seiner Hum̃elszellen oder Himmelszellen. Straßburg 1579. BFSt: 48 H 4

Kapitelauswahl

Das Bild zeigt das Fragment einer mittelalterlichen Handschrift aus dem 14. Jahrhundert.

Von der Handschrift zum Buchdruck

Die Abbildung ist ein Detail des Titelblattes zur "Froschmeuseler"-Ausgabe von 1618. Zu sehen sind Frosch- und Mäusekönig, die mit ihren Heeren in den Krieg gegeneinander ziehen.

Literatur in Zeiten des Krieges

Die Abbildung zeigt ein Detail des Frontispiz zu Krügers Träumen. Zu sehen ist ein in der Natur liegender Träumender.

Zwischen Glauben und Wissenschaft

Die Abbildung zeigt eine Illustration aus Andersons Märchenbuch. Zu sehen ist eine Szene aus der Geschichte "Die kleine Meerjungfrau".

Leselust und Märchenfaszination